Freie- und Open-Source-Software in der Verwaltung - ein neuer Trend?
Der Einsatz von FOSS in der öffentlichen Verwaltung ist kein neuer Trend; ganz im Gegenteil: Bereits vor etwa 20 Jahren waren Kommunen und Verwaltungsbehören bestrebt, verstärkt FOSS einzusetzen. Der Grund ist sehr trivial: Reduzierung der Abhängigkeit von propritären Anbietern. [1]
EPROSS hieß das Projekt, welches eine Desktop-Umgebung war, die speziell für Behörden und die öffentliche Verwaltung darstellte. ERPOSS basiert auf Debian. München setzte sogar auf LiMux - eine eigene Distribution.
EPROSS
Erprobung Open Source Software (kurz: EPROSS) war eine Distribution, welche auf Desktop-PCs für Behörden installiert werden sollte. Das BSI (Bundesamt für Informationssicherheit in der Informationstechnik) entwickelte mit der Credativ GmbH diese Distribution, welche die Kommunikation zwischen den Behörden vereinfachen sollte. 2006 wurde die Version 4 veröffentlicht. EPROSS basierte auf Debian mit KDE als Desktopumgebung.
Quellen:
- https://www.golem.de/0605/45105.html (Nov. 2023)
- https://distrowatch.com/table.php?language=DE&distribution=erposs (Nov. 2023)
LiMux
Das Projekt der Stadtverwaltung München setzt sich aus den Worten Linux und München zusammen.
Die Gründe für dieses Projekt sind klar: Digitale Souveränität und Kostenersparnis. Etwas mehr als 10 Mio. Euro sollten nach einer Vergleichsrechnung eingespart werden [1, 2]. 2014 geriet das Projekt ins Wanken, als die Mail-Server über ein Wochenende nicht erreichbar waren. Der Grund “war eine Mail mit einem zu langem Betreff”. (Quelle).
Spekulation über den möglichen Einfluss von Microsoft sind nicht unbegründet. Mit dem Umzug der deutschen Microsoft Zentrale in den Stadtteil München-Schwabing zahlt Microsoft die Gewerbesteuer an die Stadt München (Quelle).
Wie es mit LiMux und der Open-Source-Strategie weitergeht, bleibt spannend. 2020 wurde vom Stadtrat beschlossen, ab 2021 wieder zur Open-Source-Strategie zurückzukehren. Jedoch wurde 2022 Windows 10 auf PCs installiert.
Quellen:
- [1] Rathausumschau (Nov. 2023)
- [2] https://www.heise.de/news/Linux-in-Muenchen-Ueber-10-Millionen-Euro-gespart-1755574.html (Nov. 2023)
Warum scheiterten die Projekte?
Schwäbisch Hall und Treuchtlingen (bspw.) setzen bis heute auf FOSS - und dies konsequent.
Für Mitarbeitende war es jedoch oft schwer sich an andere Software anzupassen und umzustellen. Somit war nicht ausreichend akzeptanz vorhanden. Des Weiteren etablierten sich sogenannte Schatten-IT’s, d.h. Mitarbeiter haben ohne Kenntnis der IT-Abteilung Systeme oder Dienste in Betrieb genommen. [1]
Auch die Kostenersparnis durch ausbleibende Lizenzgebüren ist nicht immer so eingetreten, wie erhofft. Der benötigte Personal- und Koordinierungsaufwand für die Pflege und die Weiterentwicklung der Systeme hat die vorherigen Lizenzgebüren überstiegen. [1]
Doch warum sollte trotzem auf FOSS gesetzt werden?
Seit LiMux und anderen Systemen hat sich der FOSS Markt stark weiterentwickelt. Viele Projekte sind professioneller aufgestellt und ausgereifter, als damals. Auch haben viele Dienste und Programme Integrationen für einander geschaffen, wie bspw. OpenProject und Nextcloud. Beide Softwarepakete haben Integrationen füreinander, was das Verknüpfen von Daten zum Projektmanagement deutlich vereinfacht. [2]
Auch durch gestiegene Lizenzkosten und steigende Abhängigkeit von einzelnen Konzernen, stellt ein Risiko für die Souveränität der Verwaltung dar. Nicht ohne Grund steht der Einsatz von FOSS auf der politischen Agenda. Im Koalitionsvertrag wurde festgelegt, mehr auf Open-Source zu setzen, wie in diesem Artikel nachzulesen ist. Auch spendete das Bundeswirtschaftsministerium 1 Mio. Euro an die Stiftung hinter Gnome (Quelle).
Die Gründe, warum auf FOSS gesetzt werden sollte, haben wir bereits in diesem Artikel ausführlicher beschrieben.
Das sogenannte FOSSGov-Ökosystem stellt ein ideelles Ökosystem dar. Mehr dazu hier
Beispiel: Uni Duisburg-Essen und die Stadt Köln
Durch die Integration von OpenProject und Nextcloud als Datei-Server sparte man sich einen sechsstelligen Betrag (Niels Lindenthal gegenüber Linux-Magazin, Ausgabe 09/2023, S. 26). Finanziert wurde die Entwicklung aus öffentlichen Geldern, sowie durch Unterstützung der Deutschen Bahn und des Bundesinnenministeriums. Die Synergien von FOSS, insbesondere von OpenProject als Projektmanagementsoftware und Nextcloud als Content-Collaboration-Plattform bieten alle Funktionen, die es braucht, um komplexe Projekte zu verwalten, zu planen, zu managen und durchzuführen. [3]
Das Verknüpfen von Arbeitspaketen und denen dazugehörigen Daten, macht die Integration dieser beiden Softwarepaketen äußerst einfach.
Mit Ausnahme von Microsoft gibt es bei diesem Projekt nur Gewinner: Die enge Zusammenarbeit mit der Open-Source-Community hat diese gestärkt und die Abhängigkeit von großen Konzernen wurde verringert. Weiterhin ist dieses Projekt der Beweis daür, dass viele Vorurteile bzgl. FOSS nicht haltbar sind. Auch haben sich viele Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung bewiesen, indem sie die Extrameile gegangen sind, um etwas großartiges zu schaffen.
Quellen:
1: https://www.oeffentliche-it.de/-/offene-gemeinschaftsgaerten-die-verwaltung-als-open-source-mitgestalterin (Nov. 2023)
2: https://www.linux-magazin.de/ausgaben/2021/08/foss-in-schwaebisch-hall/ (Nov. 2023)
3: https://www.linux-magazin.de/ausgaben/2023/09/open-source-synergien/ (Nov. 2023)